Sonntag, 20. Februar 2011

Präsidentschafts und Parlamentswahlen

Kumi, 20.02.2011

Wahlen! Das Thema, dass die Nachrichten und auch unser Leben hier die letzten Tage beherrscht hat.
Allgemein lässt sich sagen, dass die Wahlen insgesamt friedlich und fair abgelaufen sind, mit einigen Ausnahmen. Da man in den deutschen Medien ja sehr, sehr wenig bis hin zu gar nichts über Uganda erfahren kann, hier die volle Berichtserstattung:
Freitag, am 18.02, wurde der Präsident und das neue Parlament gewählt. Es gab eine Menge an Wahlstationen, insgesamt glaube ich um die 23.800 im ganzen Land, die meistens an Schulen unter Mangobäumen.
Die Länge der Anstehzeit hat anscheinend landesweit variiert, hier in Kumi musste man nur morgens länger anstehen, an Wahlstationen, die einen größeren Wahlkreis umfassten oder mehr Wähler bewältigen mussten, stand man schon mal an die fünf Stunden an.
Am ersten Tisch erhielt man, nachdem man seinen Namen genannt hatte, den Wahlzettel für den Präsidenten. Damit ging es zu einer Schüssel, in der man sein Kreuz machen konnte, da es ja schließlich eine geheime Wahl war, und anschließend zur ersten „Urne“/Box. Am zweiten Tisch gab es den zweiten Wahlzettel, für den Parlamentsabgeordneten, wieder zu einer Schüssel und zur nächsten Box. Am dritten Tisch den Zettel für die Frauenabgeordnete im Parlament und anschließend die gleiche Prozedur.
Am vierten Tisch wurde dann der Fingernagel des kleinen Fingers der linken Hand angemalt, um zu vermeiden, dass Leute doppelt wählen.
Die Wahlzettel sind übrigens mit Bildern der Kandidaten versehen, da einige der Wahlberechtigen nicht lesen können.

Hier in Kumi haben wir zwei Mitglieder der europäischen Wahlbeobachter getroffen, einen Tschechen und eine Französin. Der Tscheche hat sich auch gefreut uns zu treffen und sich länger mit uns unterhalten, wobei er anscheinend seine Arbeit vernachlässigt hat, was der Französin ein wenig unpassend erschien. Trotzdem war es interessant, mal Wahlbeobachter zu treffen, da man so etwas sonst nur aus dem Fernsehen kennt.

Die Ergebnisse werden gerade in diesem Moment offiziell verkündet, da der Wahlkommission 48 Stunden Zeit zur Verfügung standen, um diese zu ermitteln.
Museveni hat mit ca. 70% der Stimmen gewonnen, gefolgt von Besigye mit ca. 26%. Der Anteil der anderen Kandidaten reicht von 0.5% - 2%.
Der Parlamentsabgeordneter in Kumi ist von der FDC, die Frauenrepräsentantin von der NRM.

Die Wahlbeobachter, sowohl der europäischen Union als auch des Commonwealth, sehen die in ihrer Gesamtheit als fair an. Allerdings sei noch ein gewaltiger Spielraum zur Verbesserung zu erkennen gewesen. Neben kleineren Dingen, wie z.B. das Wähler sich nicht in den Registern wiedergefunden haben oder Wahlboxen unverschlossen waren, ist es aufgefallen, dass der Wahlkampf stark „kommerzialisiert“ wurde. Dies soll heißen, dass ein großer Teil des Wahlkampfes wie folgt aussah: Kandidaten fahren in die Dörfer und versuchen Wähler mit Versprechen wie z.B. „Wenn ich in eurem Dorf die Mehrheit erhalte, kriegt das Dorf zehn Säcke Reis“ oder „Jeder der mich wählt erhält 3000 Ush“ zu überzeugen.
In Deutschland eine völlig unvorstellbare Methode des Wahlkampfes, die hier allerdings in Mode zu kommen scheint.

Die einzig größere Aufruhr war in Mbale. Dort gab es am Freitag mehrere Schießereien zwischen Parteiangehörigen der FDC (Besigye) und der NRM (Museveni), bei denen auch ein Reporter von NTV erschossen wurde.
Samstag gab es vermehrt Proteste, die allerdings vom Militär unter Einsatz von Tränengas aufgelöst wurden, woraufhin eine Sperrstunde eingeführt wurde.

Hier in Kumi ist allerdings alles ruhig und auch in Kampala oder anderen größeren Städten, was vllt. auch an dem riesigen Militäraufgebot liegt. Zum ersten Mal bei Wahlen in Uganda wurde das Militär am Wahltag selbst beschäftigt und hat seine Präsenz auch gezeigt.

Innerhalb der nächsten drei Wochen finden noch Wahlen auf lokaler Ebene statt.

Interessant, und auch lustig, ist noch die Art, mit der hier Wahlkampf betrieben wird. Während in Europa eher Debatten geführt und Reden gehalten werden, ist der Wahlkampf hier in Uganda um einiges „simpler“. Meistens besteht er darin, einen Pickup oder Kleinlaster mit Boxen,einer Anlage und einem Mikrofon zu beladen, um dann anschließend durch die Straßen zu fahren und Laut Musik und politische Parolen zu spielen. Diese Art des Stimmenfangs hat in den Tagen vor der Wahl so zugenommen, dass es schwer war sich während des Essens in einem der Restaurants in der der Stadt vernünftig zu unterhalten.
Natürlich sind die acht Präsidentschafts- und Parlamentskandidaten auch auf ihrem Wahlkampfs selbst durch Städte und Dörfer gereist um mit den Menschen vor Ort zu sprechen, das allgegenwärtige Bild prägen aber trotzdem die musikspielenden Pickups, die meistens noch mit Wahlplakaten zugekleistert sind.

So viel zu den Wahlen. Falls euch noch etwas interessiert, was ich in meiner kurzen Schilderung nicht für erwähnenswert hielt oder ich vllt. schon als selbstverständlich ansehe, zögert nicht, mir zu schreiben.
Die Zeit an sich finde ich momentan sehr spannend, wann kommt man während der Präsidentschaftswahlen schon mal in ein afrikanisches Land, und alles in allem unterscheiden sich die Wahlen doch schon von europäischen.

Auf Grund der Ungewissheit, wie die Sicherheitslage aussehen würde, waren Eike und ich Donnerstag und Freitag nicht im Office, was sich aber als unbegründet herausgestellt hat.

Am Wahltag selbst haben wir uns zuerst zwei Wahlstationen angeguckt und dann Reuben besucht, da er für uns einen Igel gefangen hat. Die afrikanischen Igel sehen ein wenig anders aus und haben einen natürlichen Feind mehr als die europäischen: den Menschen.
Igel werden hier auch gerne mal gegessen und vllt. werde ich diese außergewöhnliche Speise innerhalb des nächsten halben Jahres auch nochmal probieren. Genauso wie weiße Ameisen und Antilope.
Ich weiß gar nicht, ob ich geschrieben habe, dass ich frittierte Heuschrecken probiert habe, falls ja, doppelt sich das jetzt. Auf jeden Fall kann man während bestimmter Jahreszeiten hier Heuschrecken kaufen, auf der Straße für ca. 10 Cent pro Tüte. Sowohl frittiert als auch roh.
Schmeckt ganz OK, nur allzu genau hingucken sollte man nicht, da ja bekanntlich das Auge mitisst.

Kleine Abschweifung; nach unserem Besuch bei Reuben haben wir den Rest des Tages bei Lauren verbracht, Filme geguckt, Bier und mit den anderen Freiwilligen telefoniert, um auf dem Laufenden zu sein.
Gestern und heute sind wir Zuhause geblieben und haben es dem ugandischen/englischen Vorbild gleichgetan: den ganzen Tag über den Fernseher, den wir aus der Branch ausgeliehen haben, laufen lassen.

Mal schauen, ob die Oppositionskandidaten die Wahlergebnisse so annehmen, ein Kandidat (2%) hat schon gesagt, dass er sie nicht annehmen wird. Man wird sehen.

Soviel vorerst von mir, ich hoffe, ich konnte euch einigermaßen ein Bild von den Wahlen hier in Uganda vermitteln.
Liebe Grüße, Nico

Dienstag, 8. Februar 2011

Letzten Zwei Wochen

Kumi, 08.02.2011

Mal wieder neues aus Kumi, der letzte Eintrag ist ja schon etwas länger her.
Was ist seit dem 25.01 passiert?!
Es hat sich herausgestellt, dass Eike doch keinen Bakteriellen Infekt, sondern Fleckenfieber, eine Typhusart hatte. Das ganze ist dadurch herausgekommen, dass ihm die Medikamente gegen eine bakterielle Infektion nicht geholfen haben und er folglich wieder zum Arzt gefahren ist. Nach dem Ausschlussverfahren war es dann das Fleckenfieber, allerdings ohne die typischen Flecken, und jetzt muss der gute einen Monat lang Antibiotika nehmen. Da er mittlerweile wieder gesund ist, scheint die Prognose dieses mal gestimmt zu haben.

Eine andere Neuerung ist, dass unser BC versetzt worden ist und sich momentan schon gar nicht mehr in Kumi aufhält. Er wird am Ende dieser Woche noch einmal zurückkehren um einige organisatorische Dinge zu klären und anschließend die Branch zu übergeben. An wen ist momentan noch völlig unklar, also zu Erst einmal an das Branch Governing Board. Einen neuen BC kriegen wir frühstens im April, da das Rote Kreuz allerdings auch an chronischem Geldmangel leidet, werden 10-30% der Mitarbeiter entlassen, sodass es gut sein kann, dass wir keinen neuen BC kriegen. Folglich wäre Ben dann unser Chef...
Naja, das Geld reicht noch aus, um das neue Headquarter in Kampala zu bauen, eines der wenigen Hochhäuser der Stadt.

Kulinarisch hat sich in Kumi ein kleines Wunder aufgetan, und zwar ist es uns möglich Schnitzel zu machen!!! Dazu muss man morgens zur „Butchery“ gehen, einer kleinen Holzhütte mit Fenster und einem Baumstumpf innen drin, und fragen, ob heute ein Schwein geschlachtet wurde. Ist dies der Fall, und ist das Schwein noch nicht mit der Machete zerhackstückelt worden, kann man dem guten Schlachter zeigen, welchen Teil des Schweines man den gerne hätte, sodass es möglich ist, den Schultermuskel in einem Stück zu kriegen!!!
Diesen muss man anschließend nur noch von Knochen wie Rippe oder Wirbelsäule befreien, Fett wegschneiden und etwaige Sehnen entfernen (dauert ca 1-1 ½ h) und schon hat man das perfekte Schnitzelfleisch. Da Josef, unser mittlerweile ehemaliger BC, einige Zeit in Dänemark verbracht hat, und dort in die Vorzüge der europäischer Küche gekommen ist, hat es selbst ihm das Schnitzel angetan und als Folge dessen hat er nicht einen, nein, sogar zwei Schnitzelklopfer oder Hämmer, wie auch immer sie heißen mögen, in seinem Haushalt gehabt. Gehabt, da jetzt einer in unseren Besitz übergegangen ist. Mag alles recht uninteressant klingen,wenn man die Tiefkühltruhe bei Lidl oder eine Fleischtheke um die Ecke hat, hier allerdings ist es das einzige Fleisch, was wir uns trauen, selbst zuzubereiten.

Das letzte Wochenende habe ich mal wieder mit einigen anderen Freiwilligen in Jinja verbracht,wo wir Freitag Fußball geguckt haben, es wurde Bundesliga übertragen, und Samstag feiern waren.
Das vorherige Wochenende war ich in Busia, da dort eine „Youth & Volunteer New Years Party“ stattfinden sollte. Die „Party“ war wieder typisch ugandisch. Beginn: 12:00 Uhr; unsere Ankunft: 15:00 Uhr; tatsächlicher Beginn: 17:00 Uhr. Dann wurden erst mal große Reden geschwungen, natürlich wird auch immer ein Beitrag der deutschen Freiwilligen erwartet, den man sich dann aus dem Ärmel schütteln darf, und als Abwechslung gab es Karaoke und Tanzeinlagen. Anschließend wurde gegessen und wir sind wieder gegangen, mit einigen Freiwilligen der Busia Branch ein Bier trinken.
Auf dem Rückweg habe ich mich gefreut, dass ich einen Coaster (ca. 30 Sitzplätze), also einen Minibus, ein Zwischending zwischen richtigen Bus und Taxi, erwischt hatte. Die Freude hielt allerdings nur die Hälfte der Strecke an, da dann, durch ein Schlagloch, irgendein Teil der Unterseite des Coasters abgerissen wurde, sodass es teilweise über den Boden schleifte, teilweise noch am Bus befestigt war. Folglich ist der Coaster die restliche Strecke mit max. 30 km/h gefahren, sodass wir teilweise sogar von Fahrrädern überholt wurden und die Fahrt von Busia nach Kumi sechs Stunden gedauert hat.

Arbeitsmäßig ist nicht soviel passiert, die ein oder andere Kleinigkeit und regelmäßige Aktivität, und wir haben einen Youth Link mit Samen unterstützt, damit sie diese kultivieren können um so für den Link und sich selbst ein kleines Einkommen zu erlangen. Das ganze soll theoretisch so laufen, dass wir das Geld, welches wir jetzt für die Samen ausgegeben haben, zurückbekommen, sobald die Pflanzen reif,geerntet und verkauft sind, um damit anschließend andere Links unterstützen zu können. Praktisch bezweifle ich, ob wir das Geld jemals wiedersehen werden.
Letztes Jahr gab es ein ähnliches Projekt, in dem Samen an verschiedene Gruppen verteilt wurden, von denen es allerdings nur eine Gruppe geschafft hat, sie auch richtig anzubauen und zu pflegen. Die anderen Gruppen haben die Samen zu spät gepflanzt, wenig gegossen etc..
Diesmal unterstützen wir nur die eine Gruppe und ein RC Mitglied, das Agriculture studiert hat, zeigt dem Link, wie man Gemüse richtig anpflanzt. Ich bin gespannt.

Eike und ich haben geplant, einen Ofen zu bauen, da wir ja vermutlich in Zukunft nicht unbedingt mit Arbeit überhäuft werden, um dann ein bis zwei mal wöchentlich Backen zu können und somit der Branch ein kleines Einkommen zu verschaffen, damit andere Aktivitäten finanziert werden können. Mal schauen was daraus wird, aber wenn keiner nichtsüßes Brot haben will, sind Eike und Ich unsere besten Kunden!

Das war es erst mal von mir,
Schöne Grüße ins mittlerweile nicht mehr ganz so kalte Deutschland, wie ich gehört habe.