Donnerstag, 14. April 2011

"Walk to Work"

Kumi, 14.04.2011

Momentan steppt in Uganda wieder der Bär!
Es gibt eine Protestbewegung, angeführt von den Oppositionsführern, die gegen die hohen Lebensmittel und Spritpreise demonstrieren.
Der Protest sieht so aus, dass die ganzen (nicht NRM) MP´s, Oppositionsführer, Bürgermeister etc. zu Fuß zur Arbeit gehen.
Man sollte meinen, dies wäre nicht weiter schlimm, allerdings wurden heute fast alle Oppositions-MP´s verhaftet und Besigye wurde sogar von einem Gummigeschoss in die Hand getroffen.
Dem „Walk to Work“ folgen täglich immer mehr Anhänger, die ihre politischen Führer unterstützen, sodass der tägliche Arbeitsweg zum jeden Tag aufs neue zum Protestmarsch wird.
Gestern und heute hat die Polizei dann angefangen durchzugreifen und Leute dafür zu verhaften, dass sie zu Fuß zur Arbeit gehen...
Als Folge kam es in fast allen größeren Städten zu Ausschreitungen, die nur mit Hilfe von Tränengas, Militärpolizei und Anti-Riot-Police eingedämmt werden konnten und fast alle Straßen nach und aus Kampala waren für mehre Stunden auf Grund von brennenden Reifen etc. blockiert.

In den Nachrichten grade waren die ersten 40 mins. (von 55) nur darüber, wer festgenommen wurde, weil er zur Arbeit gelaufen ist und welche Ausschreitungen dies zur Folge hatte.
Man wird sehen, wie sich das ganze entwickelt.

Nun zu meiner letzten Woche. Sonntag kam Eike sporadisch wieder nach Kumi, er ist Mittwoch schon wieder gefahren, seine Eltern vom Flughafen abholen und Montag morgen war ich an der Kumi University um neue Mitglieder zu registrieren.
Dienstag haben wir den Ofen mit Sesambrötchen ausprobiert: schwerer als erwartet. Neben dem Anheizen mit Feuerholz, dass schon eine kleine Herausforderung darstelle, war die Wärmeverteilung das Problem. Liegen die Brötchen direkt auf der Eisenplatte, verbrennen sie von unten, packt man sie auf ein Gitter, kriegen sie nicht genügend Wärme, sodass sie nur von außen hart werden. Nach einiger Zeit (an die drei Stunden) waren die Brötchen dann aber doch essbar und zumindest Eike und Ich habe uns gefreut. Der erste Kommentar, der von JEDEM Uganda kam war: „Ahh, Nico, you didn´t put sugar???“. Da hier alles süß ist erfreuten sich die nicht süßen Brötchen nicht allzu großer Beliebtheit, sodass das nächste Projekt Plätzchen oder ähnliches sein werden. Vermutlich auch einfacher mit der Wärme hinzukriegen.
Mittwoch war ich bei einer Secondary School in Kumi, um neue Mitglieder zu registrieren, leider haben die es aber verpennt, denen zu sagen, dass ich komme. Folglich hatte keiner Geld geschweige denn Passbilder mit. Folglich bin ich heute wieder hin, und siehe da, tatsächlich hatten vier Schüler Geld dabei, Fotos natürlich wieder nicht. Also wird jemand anderes am Dienstag nochmal hin müssen um Fotos zu schießen und Leute zu registrieren, die es dann vllt. geschafft haben, die umgerechnet 30 Cent mitzubringen.

Am Sonntag wird mich Uwe für zwei Wochen besuchen, wie einige vielleicht schon wissen, und es wird deshalb in den nächsten Wochen keine neuen Berichte geben.
Voraussetzung ist natürlich, dass ich nach Kampala komme, um ihn abzuholen. Aber am Sonntag arbeitet ja keiner, da kann auch keiner mit einem „walk to work“ protestieren...

Donnerstag, 7. April 2011

Weiße Ameisen und ein Lehmofen

Kumi, 07.04.2011

Hier wieder einmal ein kleines Update der Lage in Uganda, Kumi, wo ich zur Zeit (wieder) alleine meine Zeit verbringe, da momentan Eike dran ist mit Besuch kriegen; seine Freundin ist gerade da.

Die beiden sind letzte Woche Montag angekommen, wir waren zusammen Essen (vertauschte Rollen), und am Mittwoch wieder gefahren. Dienstag Abend waren wir noch in der Gemeinde zum Essen eingeladen und es gab geröstete, weiße Ameisen, aber dazu später mehr!

Der Rest der Woche bestand aus im Office sitzen, kleinere Arbeiten erledigen, lesen etc.. Freitag habe ich mich mit dem australischem Ehepaar, das auch in Kumi einen Freiwilligendienst leistet, zum Abendessen getroffen und wir wollten eigentlich Fisch essen.
Dazu muss man sagen, dass man Fisch morgens bestellen muss, damit er nachmittags auf dem Markt gekauft werden kann um abends dann auf dem Teller zu landen.
Als wir um sieben Uhr angekommen sind, war unser Fisch da. Unglücklicherweise haben wir uns dazu entschlossen, nicht direkt auf der Stelle zu essen, sondern erst einmal ein Bier zu trinken und anschließend den Fisch zu genießen. Die Zeit nach dem ersten Bier nahm immer weiter zu und aus einem Bier wurden drei, bis dann der Restaurantbesitzer nach eineinhalb Stunden kam und uns mitteilen musste, dass der Fisch in der Zwischenzeit, da wir ihn nicht sofort gegessen haben, leider von einem Mitarbeiter mitgenommen wurde...
Also gab es kein Fisch an diesem Abend für uns, sondern letztlich wieder einmal Chicken.

Kleine Geschichte am Rande: Die Australier haben hier unplanmäßig zwei ugandischen Kindern aufgenommen, die Sie auch adoptieren wollen. Genau diesen zwei Kindern habe ich zwei Styroporflieger und vier Luftballons mitgebracht, von denen man hätte meinen können, sie beschäftigten Kinder zumindest einen Abend lang. Dem war aber nicht so, die Styroporflieger haben ca. zwei Minuten gehalten, bis beide Flügel, der Propeller und der Rumpf abgebrochen waren, die Luftballons, ungelogen, nur an die 45 Sekunden. Da sieht man mal, dass ugandische Kinder an etwas anderes Spielzeug gewöhnt sind...

Samstag bin ich wieder zum Jäger und Sammler geworden, genauer genommen zum Jäger. Da, seit die Regenzeit wieder angefangen hat, auch die weißen Ameisen wieder anzutreffen sind, konnte ich mir diesen Spaß natürlich nicht entgehen lassen und musste selbst erleben und ausprobieren wie man diese fängt.
Also bin ich gegen Mittag mit Reuben zusammen losgezogen, der schon vorher einen Bau identifiziert hatte, um die Ameisen, die in Termiten-bauten in der Erde leben, aus ihren Behausungen zu locken.
Das ganze gestaltete sich so, dass wir vier Männer und ungefähr zehn Kinder waren, die vermutlich an diesem Tag Völkermord begangen haben (der Bau war nachher leer), und wir nachher an die drei Gefriertüten (mir fällt keine bessere Maßeinheit ein, um das zu beschrieben) voll von Ameisen hatten.

Das Fangen an sich läuft so ab, dass man zuerst die Eingänge des Baus freilegt um sie anschließend sorgfältig mit Ton zu verschließen. Dann baut man von diesen Eingängen aus Tunnel aus Lehm in einen Eimer und verschließt diese an ihren Ausgängen mit Blättern. Anschließend muss man das erste mal Trommeln.
Getrommelt wird mit zwei Stöcken auf einem Brett/Stock/Schippe, dass auf dem Boden liegt.
Zwischendurch muss man immer mal wieder die verschlossenen Ausgänge des Termiten/Ameisenbaus kontrollieren, ob die Termiten sich schon am Ausgang sammeln. Ist dies der Fall, kann man die Ausgänge mit den Tunneln verbinden, sodass die Termiten (und später auch Ameisen) den Tunnel hoch laufen können bis hin zu den Blättern.
Sind sie dort angekommen, muss man den Eimer mit Ton verschließen, das Tunnelende mit zwei nassen Blättern auskleiden, in den Eimer lenken und dann eigentlich nur noch Trommeln.
Die Ameisen, die kurze Zeit nach den Termiten anfangen ihren Bau zu verlassen, krabbeln dann den Tunnel entlang und rutschen über die Blätter in den Eimer.
Der Clou dabei ist, dass man die ganze Zeit über Trommeln muss, damit die Ameisen auch weiterhin ihren Bau verlassen, sodass ich Samstag gut zwei Stunden lang auf einem Spaten getrommelt habe...
Es hat sich aber gelohnt und ich konnte einige Ameisen direkt „frisch“ vom Bau probieren und Sonntag die geröstete Variante. Wenn man nicht dran denkt, was es ist, eigentlich gar nicht mal so schlecht!

Sonntag kam dann Paul und wir haben bis heute morgen einen Ofen in der Branch gebaut. Montag stand planen und organisieren auf dem Plan, was zum einen daraus bestand, Ziegelsteine zur Branch zu schleppen und den Metallarbeitern in der Stadt zu sagen, wie wir die Metallplatten geschnitten haben wollen. Letzteres erwies sich aber nicht als so einfach: Montag waren wir drei mal überprüfen, ob Alles richtig gemacht wird, und Dienstag auch noch weitere drei mal. Und nein, natürlich wurde nicht Alles richtig gemacht, was allerdings kein Wunder ist, da sogar der Chef darüber erstaunt war, dass unsere Skizze gepasst hat... („50 cm + 30 cm + 40 cm = 120 cm; Das passt ja!!!“)
Dienstag haben wir, oder viel mehr Paul, angefangen zu mauern, und ich habe Lehm gehackt. Was die beschissenere Arbeit ist, darüber kann man sich jetzt streiten, die Auswirkungen sind zumindest, dass Paul Rückenschmerzen und ich offene Blasen an den Händen habe.
Gestern wurde dann zu Ende gemauert und verputzt und momentan ist der Lehm am trocknen.

Einweihung wird vermutlich am Sonntag sein, falls er bis dahin schon getrocknet ist, dann werde ich mir Sesambrötchen backen, oder am Montag, dann wird es Pizza geben, da Eike Käse aus Kampala mitbringt.
Hoffen wir, dass Alles so läuft wie wir uns das vorgestellt haben, ich werde euch über erste bäckerische Erfolge oder Misserfolge auf dem Laufenden halten.

Ansonsten kann man noch hinzufügen, dass Kumi wieder unendlich heiß und regenfrei ist, obwohl gerade Regenzeit ist, und dass daher mit Nahrungsmittelknappheit gerechnet wird. Man wird sehen müssen.

Alles Liebe aus dem Hochofen Kumi